„Da sitzt niemand dahinter, der auf Gewinnmaximierung aus ist, sondern jeder gibt lieber noch ein Quäntchen mehr, um ein tolles Ereignis auf die Beine zu stellen“

Interview mit DJ Winni

DJ Winni Petersmann
DJ Winni Petersmann

40 Jahre Waltroper Parkfest. Wir nutzen das Jubiläum für einen Blick zurück und einen Blick in die Zukunft. Im Rahmen dieses Specials kommen Organisatoren, Unterstützer und Weggefährten zu Wort, die maßgeblich dazu beigetragen haben, dass das Fest zu dem geworden ist, was es heute ist: Zu einer der beliebtesten und bekanntesten Großveranstaltungen im nordöstlichen Ruhrgebiet und darüber hinaus.

1985 stand Winni Petersmann als 16-jähriger mit seinen Kollegen Christian Müller, Christian Marbach und Dirk Lehnhardt auf einer Bühne in einem völlig überfluteten und überfüllten Zelt beim Waltroper Parkfest. Die Show vom Rocktheater N8schicht war gerade wegen Starkregen abgesagt worden und das Publikum hatte sich ins Disco Zelt geflüchtet, durch das in Bächen das Wasser lief. Getanzt wurde nicht nur auf eilig herbeigeschafften Bohlen, sondern auch zu Bohlen, denn „You‘re My Heart, You‘re My Soul“ war einer der größten Hits des Jahres. Viele Jahre hat Winni danach den Samstag im Zirkuszelt gestaltet. Und „ganz nebenbei“ hat er eine bundesweit erfolgreiche Agentur für Event- und Veranstaltungskonzepte gegründet. Heute ist „on the rock Veranstaltungskonzepte“ Sponsor des Parkfestes und zeichnet für die besonderen Beleuchtungskonzepte in den Abendstunden sowie einen großen Teil des Bühnenprogramms verantwortlich.

Hallo Winni. Das Parkfest wird 40. Als Du zum ersten Mal im Park auf der Bühne standest, war es das Parkfest Nr. 10 – Wie war das damals? Wie war das Fest und wie wurdest Du ein Teil davon?

Winni Petersmann: Wir hatten als junges DJ-Team von Gottfried Oelenberg die Chance bekommen, eine Discoreihe in der Stadthalle durchzuführen. In diesem Rahmen gab’s dann auch die Gelegenheit im Park aufzutreten. Ich weiß noch wie aufgeregt wir waren und dass wir damals extra mit Flutern aus dem Baumarkt, Kabeln von meinem Onkel und Steckern vom Pütt eine Lichtanlage für die Disco gebaut haben. Es war richtig schwierig Farbfolien für die heißen Schweinwerfer zu bekommen, die nicht verbrannten und man konnte damals ja nicht im Internet danach suchen. Ich glaube, wir haben damals auch alle mit unserem Aktionismus total verrückt gemacht. Ein Wunder, dass wir wiederkommen durften. Nach ein paar Jahren mit dem Discothema bin ich nach dem Abitur als Zivi des Jugendamtes in den Aufbau und die Technik beim Parkfest eingestiegen und gehörte zu den Jungs und Mädels, die mit Muskelkraft Lichterkettenstangen aufgestellen, Zeltböden legen und Bierbänke aufbauen. Es war schon was besonderes, da mitzuarbeiten. Irgendwann kam dann das rote Zirkuszelt und ich habe neben dem Auflegen das Zelt mit Technik ausgestattet. Im nächsten Schritt habe ich aufgrund meiner Arbeit im Musikbereich auch das Booking im Zirkuszelt übernommen und später dann auch für die Open Air Bühne.

Du hast den Werdegang des Festes vom überschaubaren Stadtfest zum überregional erfolgreichen Kulturfestival miterlebt und mitgestaltet. Was hat sich seit damals verändert im Park und was waren die Meilensteine auf dem Weg zu der Großveranstaltung, die das Fest heute ist?

Winni Petersmann: Als ich angefangen habe, waren die Künstler auf den Bühnen noch weniger prominent als heute. Die Spielorte waren noch kleiner. Ein erster Meilenstein war sicher die Einführung des Zirkuszeltes, das damals „Großes Zelt“ hieß und sehr buntes Programm für alle Generationen geboten hat. Als weiteren Meilenstein habe ich den Auftritt der Lords in Erinnerung (1998, d. Red.), der das damalige Musikzelt zum Bersten gebracht hat. Danach haben wir zum ersten Mal in Richtung Open Air Bühne gedacht und auf einmal viel mehr Platz für Publikum bei einzelnen Shows bekommen. Der nächste Meilenstein war für mich das Booking von Fury in the Slaughterhouse, bei dem ich persönlich über eine Bürgschaft mit ins Risiko des Festes gegangen bin, weil ich daran geglaubt habe, dass wir die Gage über die Besucher finanziert bekommen. Wir hatten Glück und seitdem wissen wir, dass wir auch Acts in dieser Liga präsentieren können. Heute kommen gezielt Besucher zu bestimmten Auftritten und unser musikalisches Line-Up ist ein wichtiger Teil des Festes geworden. Natürlich gibt es noch viele andere Aspekte, wie die kontinuierlich tolle Arbeit der Sonswasbühne mit dem außergewöhnlichen Kleinkunst- und Walkact-Programm, das Spielfest, die Märkte, das tolle kulinarische Angebot, das Cafézelt, die Vereine und Verbände oder den Klangarten, die zusammen ein rundes Gesamtpaket ergeben.

Was ist am Parkfest über die Jahre besser geworden? Und was vielleicht auch schlechter - So nach dem Motto „Früher war alles besser“?

Winni Petersmann: Früher war alles besser – kann man ja nicht sagen. Bei einer so langen Zeit ist Wandel ja etwas ganz Normales. Das Parkfest ist professioneller geworden, die Sicherheit hat einen viel höheren Stellenwert als früher. Das Gute ist, dass sich das Fest mit den Generationen verändert hat und es auch immer noch tut. Wenn überhaupt, trauere ich immer noch ein wenig dem Zirkuszelt nach. Das war einfach eine ganz besondere Atmosphäre für Konzerte und Partys. Mit der on the rock Bühne haben wir jetzt aber einen neuen schönen, offenen Bereich, den wir von Jahr zu Jahr weiterentwickeln.

Du buchst sowohl die Shows auf „deiner“ on the rock-Bühne, als auch die Auftritte auf der großen Open Air Bühne. Wie gehst Du vor, wenn Du die Künstler aussuchst, die beim Parkfest auftreten? Worauf achtest Du besonders?

Winni Petersmann
DJ Winni Petersmann

Winni Petersmann: Zuerst mal, mach ich das nicht ganz alleine. Ich schlage die Acts vor und verhandle die Konditionen, aber am Ende entscheiden wir das gemeinsam, oft nach emotionalen Diskussionen im Team. Ich versuche immer eine gewisse Vielfalt für unterschiedliche „Neigungsgruppen“ zusammenzustellen und ähnlich wie bei einem DJ-Set zu schauen, was wann für welche Zielgruppe am besten passt. Wichtig ist für das Parkfest, möglichst viele Originalkünstler zu buchen und das hebt uns sicher von gewöhnlichen „Stadtfesten“ ab. Wir sind ja quasi ein Festival im Park, das aber bei weitem nicht so viel wie ein Festival mit vergleichbaren Acts kostet. Beim Parkfest ist die Herausforderung deswegen, immer wieder Künstler zu finden, die in der Wahrnehmung der Besucher „größer“ sind, als das, was sie das Fest kostet. Wir haben über die Jahre nicht nur bei den Besuchern, sondern auch bei den Künstlern und Agenturen einen sehr guten Ruf und freundschaftliche Beziehungen entwickelt. Daher frage ich zu Beginn der Bookingarbeit zuerst, was die Kollegen mir anbieten können, da bei dem begrenzten Budget richtige Stargagen nicht drin sind. Auch mit befreundeten Festivals, wie Juicy Beats und dem Parkkultur Festival in Duisburg stehe ich im Austausch. An machen Bands wie zum Beispiel H-Blockx oder Juli arbeitet man mit der Agentur viele Jahre bis Termin und Gage so passen, dass wir das in Waltrop machen können. Andere Acts wie Tokio Hotel fallen uns quasi als Gefallen für die Agentur zu und es gehört dann auch ein wenig Glück dazu, dass z.B. ein Act wie Joris dieses Jahr dann so erfolgreich ist wie gerade. Das ist nicht immer ganz planbar. Andere Künstler wie Maxim, Nosliw, oder Too Strong sind mit dem Parkfest „aufgewachsen“ und kommen wegen des tollen Publikums gerne zu uns zurück, auch wenn sie woanders höhere Gagen bekommen als bei uns. Nicht zuletzt ist auch das Parkfest als Plattform für lokale Künstler immer wichtig.

Was waren für Dich ganz besondere Programmhighlights der letzten Jahre und Jahrzehnte?

Winni Petersmann: Das kann ich kaum sagen, da jedes Programm das Ergebnis aus einem intensiven Prozess mit viel Herzblut ist. Jedes Jahr ist es dann wieder spannend zu sehen, ob das, was man da zusammengebastelt hat, ankommt. Um manche Künstler habe ich im Team hart gekämpft und freue mich dann umso mehr, dass sich Besucher explizit für den Auftritt bedanken. Andere entwickeln sich nach dem Booking zu Superstars und ich freue mich über den richtigen Riecher.

40 Jahre hat das Fest geschafft. Es ist ziemlich gewachsen und dann trotz einiger Regenjahre nicht wieder geschrumpft. Was, meinst Du, ist das Erfolgsrezept dahinter?

Winni Petersmann: Ich glaube, dass ein sehr wichtiger Faktor die hohe Identifikation der Waltroper mit dem Fest ist. Es ist seit jeher eine Veranstaltung von Waltropern für Waltroper. Da sitzt niemand dahinter, der auf Gewinnmaximierung aus ist, sondern jeder gibt lieber noch ein Quäntchen mehr, um ein tolles Ereignis auf die Beine zu stellen. Dazu kommt auch, dass wir in den Jahren nicht stehen geblieben sind, sondern immer auch Experimente gewagt haben, um den eigenen Charakter der Veranstaltung zu bewahren, ohne das Gespür für das was unserem Publikum gefällt zu verlieren.

Ein glatter Geburtstag ist immer auch eine gute Gelegenheit für eine Standortbestimmung. Was kann und sollte noch besser werden beim Parkfest? Was wünschst Du Dir für die Zukunft des Festes?

Winni Petersmann: Ich wünsche mir für die Zukunft gutes Wetter. Spaß beiseite – die Herausforderung ist es, jedes Jahr bei schmalem Budget eine weiterhin gute Qualität bei den Künstlern zu erreichen. Das geht nur mit vielen Besuchern und die kommen, wenn das Wetter besser ist als in den vergangenen Jahren. Auch so ein Gau, wie beim diesjährigen Juicy Beats Festival möge uns erspart bleiben. Inhaltlich könnte ich mir noch gut eine Bühne vorstellen, die spezielles Programm für kleinere Zuschauergruppen anbietet. Da könnte man coole Specials machen, die auf den großen Bühnen nicht funktionieren. Ich sehe so oft unglaublich tolle Acts, die wir nicht ins Programm nehmen können, weil sie eher eine kleine Bühne brauchen. Aber das ist eher mein persönliches Thema.

Du bist schon länger dabei, als fast alle aktuellen Parkfestteam-Mitglieder. Für einige in der Orga Crew gilt anscheinend „Parkfest ‚til I die!“ – Ist das bei Dir auch so oder gibt es Momente, in denen Du amtsmüde wirst?

Winni Petersmann: Ehrlich gesagt, frage ich mich jedes Jahr, ob ich das wieder machen soll. Das Musikauflegen im Zirkuszelt habe ich bereits 2007 jüngeren Leuten überlassen. Aber irgendwie packt es mich dann doch immer wieder und ich freue mich hinterher über viele fröhliche Menschen, die das genießen, was unter meiner Mithilfe entstanden ist.

Zuletzt zurück zum Tagesgeschäft… bzw. Jahresgeschäft. Welche Shows dürfen die Leute 2015 auf keinen Fall verpassen?

Winni Petersmann: Oh, jetzt muss ich ja jeden Act auf jeder Bühne nennen. Da die Geschmäcker doch sehr unterschiedlich sind, denke ich, dass für viele etwas dabei sein sollte. Ich denke Mrs. Greenbird, H-Blockx, und Joris sind schon Highlights auf der Open Air Bühne. Ich bin besonders gespannt darauf, wie Jan-Christian Zeller am Freitag nach Nosliw und Roger und Schu vom Blumentopf das Fest rockt. Das ist mal wieder so ein Experiment. Einen bekannten Radio-DJ hatten wir bis jetzt noch nicht. Ich habe schon ein paar Events mit Ihm gemacht und liebe seine Art, seine eigenen Versionen von aktuellen Hits und sein Talent, das Publikum mitzureißen. Am Samstag haben wir ein paar Acts, die viele Millionen Leute bei Youtube angesehen haben, in das Partyprogramm von unseren Local DJ Heroes integriert. Das wird mit Sicherheit sehr lustig. Darüber hinaus ist der Auftritt von „Deine Freunde“ am Sonntag um 15:00 Uhr ein Muss für alle Familien. Die Band gehört zu den bekanntesten Kinderbands Deutschlands und setzt sich aus so tollen Leuten, wie dem Dj von Fettes Brot zusammen. Im Kinderradiokanal werden ihre Songs rauf und runter gespielt und der Wortwitz bringt auch Eltern zum schmunzeln. Und live rocken die richtig! Das Jubiläumskonzert von Jim Wayne Re-Visited sollte man auch nicht verpassen.

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